Über 130 km/h – Mithaftung!

Bekanntermaßen gilt auf deutschen Autobahnen eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Wer diese überschreitet, macht sich zwar nicht bußgeldpflichtig, kann jedoch im Falle eines Unfalls erhebliche Mitschuld haben. 

So fuhr ein Autofahrer mit seinem nur vier Tage alten Aston Martin mit mindestens 200 Stundenkilometer auf der linken Spur der Autobahn. Als er nach einer Kurve bemerkte, dass ein Nissan Micra einen Golf überholen wollte, konnte der Aston-Martin-Fahrer nicht mehr bremsen. Er versuchte noch, zwischen den beiden Autos hindurchzufahren – dennoch kam es zur Kollision.

Von dem Micra-Fahrer forderte er Schadenersatz in Höhe von 149.000 €. Der Fahrer habe den Blinker nicht gesetzt und seine Geschwindigkeit beim Überholvorgang nicht „nennenswert“ erhöht. Ihn treffe dagegen keine Schuld, so der Kläger. Der Unfall sei für ihn nicht vermeidbar gewesen.

Der Kleinwagenfahrer gab dagegen an, etwa 120 bis 130 Stundenkilometer gefahren zu sein. Beim Überholen habe er auch den Blinker gesetzt. Er forderte von dem Sportwagenfahrer ebenfalls Schadensersatz.

Nachdem das Gericht einen Sachverständigen angehört hatte, konnte die Schuldfrage letztlich nicht geklärt werden. In diesem Fall sei auf den sogenannten „Idealfahrer“ abzustellen, welcher sich an die Richtgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen halte. Wer schneller fahre, verhalte sich nicht mehr wie ein „Idealfahrer“. Er vergrößere vielmehr dann die Gefahr, dass andere Verkehrsteilnehmer seine Geschwindigkeit unterschätzten.

Wegen dieser größeren Betriebsgefahr müsse der Aston-Martin-Fahrer für zwei Drittel der entstandenen Schäden haften, urteilte das Gericht.


Bernhard Schliesser

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht