Wer entscheidet über die Religionszugehörigkeit eines Kindes?

Die evangelische Mutter und der muslimische Vater eines dreijährigen Sohnes waren gemeinsam sorgeberechtigt. Während der Vater nicht darauf bestand, dass der Sohn beschnitten wird, wollte die Mutter den Sohn unbedingt taufen lassen. Zwischen den Eltern konnte keine Einigung erzielt werden. Die Mutter beantragte daher, ihr die Entscheidung über die Religionszugehörigkeit des Kindes zu übertragen.

Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht gab dem Antrag der Mutter statt. Der Vater legte gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht Karlsruhe wies den Antrag der Mutter zurück. Zur Begründung führte es folgendes aus:

Ein Eingriff in das Recht auf religiöse Kindererziehung beider Eltern sei nur aus Kindeswohlgründen gerechtfertigt. Da ein Kleinkind mit religiösen Inhalten nichts Sinnstiftendes verbinden könne, sei eine Entscheidung über die Religionszugehörigkeit aus Kindeswohlgründen und Gründen seiner Erziehung nicht erforderlich. Gerade die Taufe werde heutzutage immer öfter erst in erinnerungsfähigem Alter durchgeführt, sodass dem Kind auch keine Nachteile für die Zukunft erwachsen. Der weltanschaulich neutrale Staat habe darüber hinaus das eigene Grundrecht des Kindes zu respektieren, weshalb ein Eingriff in die elterliche Sorge erst dann gerechtfertigt sei, wenn sich ein Elternteil im Hinblick auf die Religionszugehörigkeit verantwortungslos gegenüber dem Kind verhalte.

Fazit:
Soweit die Eltern über die Frage der Religionszugehörigkeit keine Einigkeit herstellen können, ist im Zweifel abzuwarten, bis das Kind selbst religionsmündig wird, also das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat.


Florian Striedter

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht