Ehewohnung und Eigentum – Enteignung während der Trennungszeit?

Die Eheleute sind seit 1991 verheiratet. 1999 erwarb der Ehemann ein Haus. Dieses nutzte er gemeinsam mit der Ehefrau und den drei Kindern als Familienheim. Nach der Trennung im Frühjahr 2006 verließ der Ehemann „sein“ Haus. Er lebte seit dem mit einer neuen Lebensgefährtin in einem anderen Haus zur Miete, wobei er dieses nunmehr räumen muss. Nachdem die jüngste gemeinsame Tochter der Ehegatten inzwischen volljährig ist und ihre Schulausbildung abgeschlossen hat, verlangte der Ehemann jetzt die Herausgabe des noch von der Ehefrau bewohnten Hauses. Er stütz sein Begehren auf seinen Herausgabeanspruch als Eigentümer.

Der BGH lehnte das ab. Das 1999 erworbene Haus sei nach wie vor die Ehewohnung, weshalb familienrechtliche Sondervorschriften dem Herausgabeanspruch des Eigentümers vorgehen. Die Qualifizierung als Ehewohnung hänge nicht davon ab, dass noch beide Ehegatten in der Wohnung leben. Sie behalte ihren Charakter als Ehewohnung vielmehr während der gesamten Trennungszeit, also bis zur Rechtskraft der Scheidung.

Der Ehemann muss daher einen Antrag beim Familiengericht auf Zuweisung der Ehewohnung stellen. In diesem Verfahren muss das Gericht dann klären, ob die Überlassung für einen der Ehegatten eine unbillige Härte darstellt und ob ggf. das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder beeinträchtigt ist. Hiermit ist eine Ermessensentscheidung verbunden, die sich deutlich von den klaren Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs eines Eigentümers unterscheiden.


Florian Striedter

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht