Anspruch auf ein Zwischenzeugnis?

Kann der Arbeitnehmer jederzeit und ohne Angabe von Gründen von seinem Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis verlangen? 

Gesetzlich bestimmt ist die Pflicht des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis zu erstellen. Die Anspruchsgrundlage ist für Arbeitnehmer § 109 Gewerbeordnung, für alle anderen Dienstverpflichteten gilt  § 630 BGB. Für Auszubildende gilt§ 16 BBiG.

Das Zwischenzeugnis hingegen wird während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgestellt. Es unterscheidet sich von dem Endzeugnis dadurch, dass es im Präsens (Gegenwartsform) abzufassen ist. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass das Arbeitsverhältnis eben nicht beendet ist. Lediglich bereits abgeschlossene Vorgänge, zum Beispiel eine frühere Tätigkeit in einem anderen Aufgabenbereich, sind im Imperfekt (Vergangenheitsform) darzustellen.

Ansonsten gelten die gleichen Regeln wie für das Endzeugnis. Es gibt also die Möglichkeit eines einfachen Zwischenzeugnisses und eines qualifizierten Zwischenzeugnisses (Bescheinigung von Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers). Dass es hierbei viele Fallstricke gibt, wird als bekannt vorausgesetzt.

Es ist allerdings anerkannt, dass nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ausnahmsweise ein Anspruch auf ein (Zwischen-) Zeugnis bestehen kann. Voraussetzung ist, wenn zugunsten des Arbeitnehmers ein triftiger Grund hierfür steht. Ausdrücklich geregelt ist das beispielsweise in §  35 TVöD -AT. Daneben bestehen Sonderregelungen für Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz.  

Was sind solche triftigen Gründe, die den Arbeitgeber verpflichten, ein Zwischenzeugnis zu erstellen? Allgemein wird es bejaht, wenn der Wunsch des Arbeitnehmers aufgrund von voraussehbaren Änderungen berechtigt erscheint. Anerkannt ist das bevorstehende Vertragsende nach Kündigung oder nach einem Auflösungsvertrag. Es genügt aber auch der Abkehrwille oder die Bewerbungsabsicht des Arbeitnehmers. Weiterhin besteht ein Anspruch bei wesentlichen Änderungen im Aufgabengebiet des Arbeitnehmers. Auch im Schwebezustand eines Kündigungsschutzprozesses besteht der Anspruch (ArbG Koblenz, Urt. v. 27.09.2023 – 4 Ca 982/23). Alleine der Wunsch nach einer Leistungsbeurteilung rechtfertigt wohl kein Zwischenzeugnis.  

Praxistipp: Auch und gerade ein Zwischenzeugnis sollte anwaltlich überprüft werden


Dr. Werner Wengenroth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht