Küssen verboten – Kündigung

Ein Arbeitnehmer war deutlich mehr als 20 Jahre bei einem Arbeitgeber in der IT-Branche beschäftigt. Während einer mehrtägigen Teamklausur unternahm er Annährungsversuche gegenüber einer Kollegin. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte er abends die Kollegin im Hotel zu deren Zimmertür gebracht, sie an sich herangezogen und sie gegen ihren Willen geküsst.

Der Arbeitgeber hat deswegen (ohne vorherige Abmahnung) fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Zu Recht?

Eine sexuelle Belästigung zum Nachteil eines Arbeitskollegen ist grundsätzlich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. So hat das LAG Köln bereits am 19.06.2020 entschieden, dass dem, der seiner Kollegin in den Schritt fasst, fristlos gekündigt werden kann.

Aber auch derjenige, der eine Arbeitskollegin gegen ihren Willen zu küssen versucht und küsst, verletzt seine Rücksichtnahmepflichten in erheblicher Weise. Das gilt unabhängig davon, ob das Verhalten wegen sexueller Belästigung strafbar ist. Auch einer vorangegangenen Abmahnung bedurfte es nicht. Diese Pflichtverletzung war so schwer, dass damit jegliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar wurde, es wurde eine „rote Line“ überschritten (vgl. LAG Köln, Urt. v. 01.04.2021 – 8 S 798/20).

Damit dürfte die Bagatellisierung sexueller Übergriffe auch im Arbeitsrecht endgültig beendet sein. Allen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen ist Zurückhaltung und Anstand zu empfehlen.


Dr. Werner Wengenroth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht