„Freiwillige“ Leistungen des Arbeitsgebers – ohne Rechtsanspruch?

Arbeitgeber leisten häufig Sonderzahlungen, z. B. Weihnachtsgeld, zusätzliches Urlaubsgeld, Gratifikation, usw. Geht es dem Unternehmen schlecht, so werden diese Zahlungen eingestellt. Ebenso werden unliebsame Arbeitnehmer bisweilen durch Entzug dieser Leistungen bestraft. Zu Recht?

Gibt es einen ausdrücklichen vertraglichen Anspruch zu dieser Leistung, so muss sie weiterhin bezahlt werden. Eine solche Vereinbarung kann auch stillschweigend getroffen werden. Daneben kann ein Anspruch infolge betrieblicher Übung entstehen. Im Einzelfall gibt es einen Anspruch nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes (BAG, Urt. v. 27.04.2021 – 9 AZR 662/19).

In diesen Fällen ist es also keine freiwillige Leistung, sondern eine verpflichtende. Ein Widerruf ist nicht möglich, die Zahlung muss weiterhin geleistet werden.

Zur Abwehr einer Verpflichtung werden oftmals in Arbeitsverträgen Freiwilligkeitsvorbehalte vereinbart. Das LAG BW unterwirft diese Regelung der sogenannten AGB-Prüfung und verlangt, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt eine Öffnung gegenüber nachträglichen Abreden enthalten muss (Urt. v. 18.05.2022). Das BAG hat am hierzu am 25.01.2023 geurteilt, die Gründe liegen jedoch noch nicht vor. Gleichwohl dürfte es bei dem Vorrang der Individualabrede bleiben. Deshalb dürften die meisten bisher gebräuchlichen Klauseln in den Arbeitsverträgen unwirksam sein.

Dann bleibt dem Arbeitgeber nur, bei jeder einzelnen Leistung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Leistung „einmalig ist und zukünftige Leistungen ausgeschlossen sind“. Alleine der Hinweis darauf, dass die Leistung freiwillig ist, genügt nicht, das ist intransparent.

 

Praxistipp:

Für die Arbeitnehmer lohnt es sich, die bisherigen freiwilligen Leistungen daraufhin zu untersuchen, ob sie wirklich freiwillig sind oder ob ein Anspruch hierauf besteht.


Dr. Werner Wengenroth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht